Erinnern und vergessen © Rüdiger Rodloff

Ein Auszug

„ERINNERN UND VERGESSEN“, 2019
Solotanzperformance

Choreografie: Sylvia Heyden (Schulleitung T.A.N.Z. Braunschweig)
Tanzperformance und Bühnenkonzept: Lisa Haucke
Filmdokumentation: Victor Heyden
Fotos: Rüdiger Rodloff
Katalog Design: Leonie Nieporte
Wissenschaftlicher Beitrag im Katalog: Stine Hollmann

Gezeigt im Rahmen von HEIMAT ALS FRAGMENT – HEIMAT IM PLURAL / Einzelausstellung im Künstlerhaus Meinersen / 24.8. – 8.9.2019

Mittels Fragebogen und Interviews war die Künstlerin ein gesamtes Jahr lang in der Samtgemeinde Meinersen unterwegs, um Erinnerungsstücke und persönliche Wertobjekte von insgesamt 26 Meinerser*innen mit den dahinter verborgenen Geschichten zu sammeln. Die gesammelten Objekte fügte sie anschließend in einem Raum so zusammen, dass dieser zudem ein Bühnenbild für ihre Solotanzperformance „Erinnern und Vergessen“ bot, welche Sylvia Heyden choreografierte.

In enger Zusammenarbeit mit dem Schulzentrum Meinersen involvierte die Künstlerin außerdem Schüler*innen in die Konzeption der Ausstellung und begleitete sie ein Jahr lang. Unter Hauckes Anleitung zeigte eine Gruppe von Schüler*innen eine Tanzperformance, die das Publikum zu einem Spaziergang durch das Haus mitnahm. Eine andere Gruppe bespielte mit gebauten Holzobjekten den Garten, wiederum eine andere zeigte Filme, für die performative Interventionen im Dialog mit der Künstlerin entstanden waren und die sie per QR-Code im gesamten Dorf verteilten. Für das Publikum waren diese Filme sowohl mittels Plan per Spaziergang aufzufinden als auch innerhalb der Ausstellung in einem der Räume als Screenings zu sehen.

Projektbegleitend entstand ein Katalog, der zugleich Teil der Ausstellung war und in seiner Gestaltung und Konzeption die durch Haucke im Künstlerhaus entwickelten Denkräume nicht nur illustrierte, sondern konzeptionell weiterdachte.

Nicht-Ich, 2018
Kurzfilm

Performance, Regie, Textbearbeitung: Lisa Haucke
Kamera und Schnitt: Victor Heyden

Gezeigt im Rahmen des Beitrages der Klasse von Candice Breitz im Universum Kino Braunschweig beim Filmfest 2018

In „Nicht-Ich“ setzt sich die Performerin mit dem gleichnamigen Text von Samuel Beckett auseinander. Ausschnitt:

Dunkelheit. Geburtsschrei eines Babys. Geräusch eines Wassertropfens. Ein Mund taucht aus dem Dunkel auf:

„Raus in diese Welt. Diese Welt.“

Wieder ein Wassertropfen
(…)

„Was? Mädchen. Ja, winzig kleines Mädchen.“

Tropfengeräusch

„(…) Nur ein paar Schritte, dann halt ins Leere starren. Dann weiter. Noch ein paar und dann wieder starrend. So weiter herumkrabbelnd. Als plötzlich, allmählich, alles erlosch. All das frühe Aprilmorgenlicht. Und sie war auf einmal im… Was? Wer? Nein… sie! War auf einmal im Dunkeln. Und wenn auch nicht gerade fühllos – fühllos, denn sie hörte immer noch das Sausen. Das sogenannte in den Ohren.“

RESTE, Braunschweig, 2017
Kurzfilm

Performance, Regie, Textbearbeitung: Lisa Haucke
Kamera und Schnitt: Victor Heyden
Dauer: 17 min.
Gezeigt im Rahmen des Beitrages der Klasse von Candice Breitz im Universum Kino Braunschweig beim Filmfest 10/2017 sowie beim Beitrag der Klasse von Agnieszka Polska in der Ausstellung „Laufendes“ in der Niedersächsischen Landesvertretung Berlin 01/2019

Im Film „Reste“ zeigt sich ein Wesen, das nach Wirksamkeit fragt. Bei der Suche nach der passenden Haltung, die für sein kreatives Handeln erforderlich ist, stößt es auf einen Krebs. Dieser nähert sich den Dingen stets von der Seite. Seine ganze Kunst liegt darin, sich mit einer Situation zu verbinden und sie jeweils so zu nutzen, wie sie sich gerade entwickelt. Im Handeln/Nichthandeln, im Streifen und Ertasten von Dingen, dessen Anwesenheit sich ihm zugleich entzieht, verhilft er ihnen überhaupt erst zu entstehen: „Eine Wirkung entfaltet sich vollkommen, wenn sie eintritt und die Leere ist das, was ihr einzutreten hilft – das ist alles. Die Fülle bedarf der Leere, um einzutreten.“ Wesenhaftes vermittelt sich durch Abwesenheiten.

‚AN DER KREUZUNG‘, Braunschweig, 16. & 17. Februar 2016
Performance-Projekt für den öffentlichen Stadtraum

Die Künstlerin machte die Alltagsästhetik verschiedener Geschäfte und Orte der Straßenkreuzung Helmstedterstraße / Georg-Westermann-Allee mit Video-Installationen und Live-Interventionen zum Gegenstand ihrer künstlerischen Recherche und verwandelte den Ort unter Beteiligung von Bürger*innen in eine große Bühne.

Unterschiedliche Teilnehmer*innen, darunter Bürger*innen, Senior*innen und Künstler*innen sind gemeinsam unter ihrer Leitung aktiv geworden und haben verschiedene Installationen, szenische Interventionen und Aufführungsformate für diesen Ort – die Straßenkreuzung – entwickelt. Die Projektergebnisse wurden an zwei Tagen von den drei Gruppen an unterschiedlichen Nischen und in den Geschäften präsentiert.

Das Projekt entwickelte sie aus drei Projektebenen, die die Künstlerin im öffentlichen Raum zusammenführte. Startingpoints der künstlerischen Auseinandersetzung gab es mehrere:

1. Ebene: Als Theaterpädagogin an der Musischen Akademie hatte die Künstlerin Gelegenheit, eine Seniorentheatergruppe zu leiten. Neben kleinen Interventionen, etwa in einer Tram, spielten hier in der Auseinandersetzung mit eigenen Lebensgeschichten und dem Herstellen eines Bezuges zur Straßenkreuzung die Überschneidungen von theatraler Fiktion und realen biographischen Erinnerungen eine Rolle.
2. Ebene: Im Rahmen des von Lisa Haucke so bezeichneten Formats der „performativen Skizzen“ entwickelte die Künstlerin Interventionen an konkreten Orten der Kreuzung, um in einen Dialog mit der ihnen je innewohnenden Alltagsästhetik zu treten – auch, weil sie dort wohnte und sich fragte, wie sie ihre künstlerische Praxis mit ihrem Wohnort verbinden könnte und wie sie die den unterschiedlichen Orten und Nischen der Kreuzung innewohnende Theatralität näher erkunden könnte. Mit den kleinen Interventionen und unter Einsatz ihres eigenen Körpers lotete sie diese immer wieder neu aus.
3. Ebene: Die nahende Verkehrsumgestaltung der Kreuzung nahm Lisa Haucke zum Anlass einer bürgerbezogenen Perspektive. Aus Gesprächen mit einzelnen Ladenbesitzer*innen, aber auch bei einem Besuch einer Bürgerversammlung im Rathaus, bekam sie mit, dass einige Bürger*innen dieser mit gemischten Gefühlen gegenüberstanden. Wie die Kreuzung in Zukunft lebenswerter gestaltet werden könnte, das bildete den Ausgangspunkt einer Initiierung von Tandempatenschaften zwischen Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen und an der Straßenkreuzung lebenden bzw. arbeitenden Bürger*innen. Ausgehend von ihren Zukunftswünschen oder Ideen, sind auch diese mit ihnen künstlerisch aktiv geworden.

Zusammengeführt wurden alle drei Projektebenen in einer Art Straßenfest. Das so entstandene Parcours-Format enthielt letztlich filmische, performative und installative Arbeiten, die sowohl als Konglomerat als auch separiert voneinander rezipierbar waren.



An der Kreuzung