Ein Auszug

JET – Frittierte Bananen und Eis vom Straßenverkäufer (2003-2011)

JET hat mich knapp ein Jahrzehnt begleitet und ist auch heute noch präsent, auch wenn es seit etwa sechs Jahren nicht mehr existiert. Das Projekt ist aus dem Bedürfnis heraus entstanden, etwas in Frankfurt zu haben, das für mich eigentlich 10.000 Kilometer weit weg eine alltägliche Selbstverständlichkeit im öffentlichen Raum ist: Straßenverkäufer. JET bestand aus mehreren umfunktionierten Schubkarren – einer Art Garküchenflotte. Es gab u.a. zwei Eiswagen, einen Kochwagen, einen Frittierwagen, einen Ofenwagen oder einen Boomboxwagen für die Musik vor Ort. Angeboten wurden Speisen zu kleinen Preisen, die in der Regel hier in Deutschland nicht üblich sind: frittierte Kochbananen, Empanadas oder Shaved Ice. Es ging darum, ein authentisches Bild eines Straßenverkäufers in verschiedenen Situationen zu erschaffen und dem unerwarteten Zusammentreffen von Menschen einen Raum zu geben.

EL CLUB DE DEUDAS – Ohne Schulden keine Party (2015)

Der erste EL CLUB DE DEUDAS (DISPODISCOCLUB) fand 2015 in Medellín/Kolumbien statt. „Keine Schulden im Leben, keine Party für Dich!“ Es war ein Club für eine Nacht, zu dem man nur mit Schulden im Leben Einlass bekam – die Tür war hart. Es ging weniger um finanzielle Schulden, als um Schulden mit zwischenmenschlichem Charakter: „Was habe ich jemand anderem angetan, womit ich heute nicht ganz im Reinen bin? Wer wartet bis heute vergebens auf die Einlösung eines Versprechens? Von wem habe ich etwas gefordert, was nicht ok oder nicht cool war?“ Der Flyer war gleichzeitig das Eintrittsformular. Die Schulden wurden während der Nacht für die Besucher lesbar anonym an die Wand projiziert. In den frühen Morgenstunden intervenierte eine Gruppe Gaiteros (Musiker von der Atlantikküste Kolumbiens) live zu monotonem, perkussivem Techno und übernahm die musikalische Führung, bis die DJ´s wieder einsetzten.

© Vanessa Fuentes

© Juan Felipe Tangarife

DACH (…) – Wand, Flöte, Menschen (2012)
Auf einer Wand im Eingangsbereich des Kunstvereins Familie Montez erkennt man auf einer Höhe von 165 cm sehr detailgetreue, leicht geöffnete, weiße Lippen in Lebensgröße. Man übersieht sie schnell im Vorbeigehen. Drei unscheinbare, kleine Öffnungen findet man über Eck auf Brusthöhe unterhalb des Mundes, und ein viertes größeres Loch an der Wandunterkante gleicht einem Mauseloch. Die Position der Elemente entspricht meinen Körpermaßen. Nähert man sich dem Mund und bläst hinein, erklingt ein Ton. Umarmt man die Wand und schließt die drei unscheinbaren Löcher mit den Fingern, kann man vier verschiedene Töne erzeugen: A, H, C, D. Zum Abschied habe ich eine Blockflöte, wie sie jedes deutsche Kind kennt, in eine Wand des Kunstvereins eingemauert. Die Abschlussausstellung „Ende gut, alles gut“ im Kunstverein Familie Montez hat ausschließlich Kunstwerke gezeigt, die nicht mehr aus den Räumen zu entfernen waren. Wenn der geplante Abriss stattfindet, werden alle Kunstwerke zu Schutt und Asche.

© Christine Leibrock